Hunderte Corona-Verfahren beschäftigen Verwaltungsgerichte

23. Mai 2021 ©
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Trier/Mainz (dpa/lrs) - Seit Beginn der Pandemie sind bei den Verwaltungsgerichten in Rheinland-Pfalz 513 Verfahren in Zusammenhang mit Corona eingegangen.
Dies habe bei den Gerichten «naturgemäß zu einer Mehrbelastung» geführt, teilte der Sprecher des rheinland-pfälzischen Justizministeriums, Christoph Burmeister, der Deutschen Presse-Agentur in Mainz mit. Mit 440 Verfahren sei der überwiegende Teil bereits abgeschlossen.
«Bei den Corona-Verfahren geht und ging es um eine Fülle von Themen», sagte die Sprecherin des Verwaltungsgerichts Mainz, Stefanie Lang. Als Beispiele nannte sie: die Schließung und Öffnungsbedingungen von Geschäften und Dienstleistern, Kontaktbeschränkungen, Maskenpflicht, Ausgangsbeschränkungen und die Einhaltung von Quarantänevorschriften. Mit den Klagen wenden sich die Antragsteller gegen Regeln in der Landesverordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie.
Mit 275 Verfahren sind beim Mainzer Verwaltungsgericht seit Pandemiebeginn im März 2020 die meisten Fälle aufgelaufen. 190 seien Eilverfahren gewesen. Die Verfahren hätten mehr Arbeit für die derzeit neun Richter am Verwaltungsgericht Mainz bedeutet, sagte auch Lang. Mit Anträgen hatten sich unter anderem Fitness- oder Tattoostudios, Künstler oder Bordelle ans Gericht gewandt.
Das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße berichtete, die Klagen und Eilanträge richteten sich auch gegen Verbote von Versammlungen oder Auflagen sowie gegen «die Versagung von Besuchsrechten in Alten- und Pflegeheimen». Insgesamt seien rund 100 Verfahren im Zusammenhang mit den Corona-Verordnungen des Landes Rheinland-Pfalz eingegangen, sagte Sprecherin Helga Klingenmeier. Dies habe vor bei der für das Infektionsschutzgesetz zuständigen Kammer zu Mehrbelastung geführt. Das Gericht zählt derzeit 14 Richterinnen und Richter.
In Trier sind beim Verwaltungsgericht in 2020 rund 25 Verfahren mit Bezug zu Corona eingegangen, sagte eine Sprecherin. Dabei handele es sich überwiegend um Eilverfahren. Sie wandten sich unter anderem gegen die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung, darunter gegen eine Allgemeinverfügung der Stadt Trier vom Oktober 2020 dazu. Auch Gewerbetreibende hätten das Gericht angerufen, zum Beispiel wegen der Beschränkungen von Gästezahlen.
Das Trierer Verwaltungsgericht ist zudem landesweit für Asylverfahren in Rheinland-Pfalz zuständig. In 2020 seien 3539 asylrechtliche Verfahren bei Gericht eingegangen, 2021 bisher 1555. Der aktuelle Bestand belief sich am 18. Mai auf 1691 Verfahren. Das Gericht zählt 34 Richter. «Wir brauchen einen Erhalt dieser Zahl», teilte das Gericht mit.
Der Bund Deutscher Verwaltungsrichter fordert angesichts der hohen Belastung der Gerichte eine Stärkung der Justiz. Es brauche eine dauerhafte Finanzierung von jüngst neu geschaffenen Stellen, teilte der Vorsitzende Robert Seegmüller in Berlin mit. Sonst drohe «ein Rückfall auf den vor den Anstrengungen von Bund und Ländern in den vergangenen Jahren geschaffenen Zustand».
Notwendig sei eine «Anschlussvereinbarung» der Länder mit dem Bund, die den begonnenen Personalzuwachs weit über 2021 hinaus verstetige. Die Fortschreibung des im Juni 2019 zwischen Bund und Ländern beschlossenen Pakts für den Rechtsstaat solle auch die technische Ausstattung der Justiz in den Blick nehmen, sagte Seegmüller. Mit einem Digitalpakt sollte der Bund die Länder angesichts knapper Haushalte stark unterstützen.
«Der Pakt für den Rechtsstaat war eine Mogelpackung des Bundes und die darin vorgesehenen Mittel lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein», teilte das Justizministerium in Mainz mit. Die vom Bund bereitgestellten Mittel reichten nicht einmal aus, um die Besoldung der zusätzlichen und Kollegen für zwei Jahre zu tragen, da der Bund lediglich einen einmaligen Zuschuss zu den Personalkosten, zahlbar in zwei Tranchen, gewähre. «Das Land trägt die Kosten aber für Jahrzehnte», sagte der Sprecher.
Wichtiger «als immer neue Almosen des Bundes» wäre eine dauerhaft verbesserte Finanzverteilung zwischen Bund und Ländern und die Verankerung des Konnexitätsprinzips im Grundgesetz. Es könne nicht sein, «dass der Bund ständig neue Gesetze beschließt, die erheblichen finanziellen Mehraufwand für die Länder bedeuten, ohne dass für eine entsprechende Gegenfinanzierung gesorgt ist».
Das Land Rheinland-Pfalz werde sich daher auf Bundesebene für eine dauerhafte Beteiligung des Bundes an bundesgesetzlich verursachten Aufgaben einsetzen, damit bei Gesetzesvorhaben auch die finanziellen Belange der Länder berücksichtigt werden (Bundeskonnexität). Das Thema werde voraussichtlich auf der nächsten Justizministerkonferenz im Juni beraten werden, sagte er.
© dpa-infocom, dpa:210523-99-710398/2
Quelle: dpa - Deutsche Presse-Agentur GmbH

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