Staatsanwaltschaft: Landrat war nicht Einsatzleiter
6. August 2021
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6. August 2021
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Koblenz (dpa/lrs) - Der Landrat des von der Hochwasserkatastrophe besonders getroffenen Kreises Ahrweiler, Jürgen Pföhler (CDU), war laut der ermittelnden Staatsanwaltschaft nicht Einsatzleiter in der Flutnacht.
Pföhler sei nach derzeitigem Ermittlungsstand an dem Abend «überwiegend» nicht im Krisenstab gewesen, sagte Oberstaatsanwalt Harald Kruse am Freitag in Koblenz.
Bekannt sei, dass Pföhler am Abend gegen 19.15 Uhr mit Innenminister Roger Lewentz (SPD) beim Krisenstab war. Wann Pföhler weg war, sei nicht bekannt. Der Landrat habe nach eigener Aussage die Einsatzleitung für den Kreis schon vor Jahren an eine dritte Person übergeben. Das sei gesetzlich möglich. Die dritte Person habe am Abend des 14. Juli um 23.09 Uhr den Katastrophenalarm ausgelöst. Kruse benannte die dritte Person nicht näher, weil es keine politische Person sei.
Die Staatsanwaltschaft Koblenz ermittelt wegen des Anfangsverdachts der fahrlässigen Tötung und fahrlässigen Körperverletzung durch Unterlassen gegen den Landrat und ein weiteres, nicht näher genanntes Mitglied des Krisenstabs. Im Kern geht es unter anderem darum, ob mit früheren Warnungen oder Evakuierungen Tote hätten vermieden werden können.
Kruse nannte in diesem Zusammenhang den Tod mehrerer Menschen in einer Einrichtung der Lebenshilfe in Sinzig. Am 14. und 15. Juli hatte extremer Starkregen an der Ahr eine Flutwelle ausgelöst und weite Teile des Tals unter Wasser gesetzt. Rund 42 000 Menschen sind von den Folgen betroffen. Die Zahl der Toten im Ahrtal liegt mittlerweile bei 141, noch immer werden 17 Menschen vermisst.
Am Freitag durchsuchte die Staatsanwaltschaft die Kreisverwaltung Ahrweiler etwa drei Stunden lang. Der Landrat sei sehr kooperativ gewesen, berichtete Kruse. Die dritte Person sei «bestürzt» gewesen. Es gebe keinen Anfangsverdacht gegen staatliche Akteure oberhalb der Kreisebene. Natürlich könne ein Minister die Verantwortung in einer solchen Situation an sich ziehen, sagte Kruse. «Aber tut man das mitten in der Krise?»
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Quelle: dpa - Deutsche Presse-Agentur GmbH