Kaum konkrete Pläne für Anti-Missbrauchs-Kommissionen

13. Mai 2020 ©
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Nach dem Beschluss der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), in allen Bistümern Kommissionen zur Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in der Kirche einzurichten, tun sich die bayerischen Bistümer mit der konkreten Umsetzung noch schwer. Wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur unter den sieben Bistümern im Freistaat ergab, gibt es bislang kaum genaue Pläne.
München (dpa/lby) - Nach dem Beschluss der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), in allen Bistümern Kommissionen zur Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in der Kirche einzurichten, tun sich die bayerischen Bistümer mit der konkreten Umsetzung noch schwer. Wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur unter den sieben Bistümern im Freistaat ergab, gibt es bislang kaum genaue Pläne. Einige Diözesen erwägen sogar, sich mit anderen zusammen zu tun.
Ende April hatte der Ständige Rat der DBK sich auf eine «Gemeinsame Erklärung über verbindliche Kriterien und Standards für eine unabhängige Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche in Deutschland» geeinigt und beschlossen, unabhängige Aufarbeitungskommissionen in allen 27 Bistümern einzusetzen. Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, sprach von einer «historischen Entscheidung».
«Wir halten die dort vorgegebenen Standards für eine Aufarbeitungskommission wie Transparenz, Unabhängigkeit und Betroffenenbeteiligung für zentral», sagte etwa der Passauer Bischof Stefan Oster auf dpa-Anfrage. «Zudem werden wir prüfen, ob und wie eine Zusammenarbeit mit einem oder mehreren anderen Bistümern möglich ist.»
Im Jahr 2018 hatte die Kirche die sogenannte MHG-Studie und damit schockierende Zahlen zu sexuellem Missbrauch in ihren Reihen öffentlich gemacht. Die Studie wurde unter anderem kritisiert, weil die Wissenschaftler keinen direkten Zugang zu den Personalakten hatten. Laut der «Gemeinsamen Erklärung» sollen die künftigen Aufarbeitungskommissionen nun konkrete Fälle herausarbeiten und auch thematisieren, von wem mutmaßliche Täter möglicherweise gedeckt wurden.
Aus der Erzdiözese München und Freising hieß es, man begrüße «diesen weiteren Schritt in der Aufarbeitung von Missbrauch im Raum der Kirche». Das Bistum von Kardinal Reinhard Marx sehe sich «bestätigt in dem Weg, den wir mit dem bereits 2010 vorgestellten ersten unabhängigen Gutachten eingeschlagen hatten und den wir mit einem Anfang dieses Jahres in Auftrag gegebenen zweiten, darauf aufbauenden unabhängigen Gutachten weiter verfolgen». Wann und ob zusätzlich zu dem Gutachten eine Kommission eingerichtet werden soll, blieb offen.
Bestätigt sieht sich auch die Diözese Augsburg. «Bereits in den vergangenen Jahren wurden stets externe Personen mit der Aufklärung und Aufarbeitung beauftragt. Diese konnten und können unabhängig und weisungsfrei agieren.» In der Umsetzung der Gemeinsamen Erklärung der DBK «sehen wir deshalb nun die große Chance, unsere bisherigen Erfahrungen fortführen». Insbesondere begrüßt wird hier - wie auch in Passau - die Möglichkeit, derartige Kommissionen in Zusammenarbeit mehrerer Bistümer einzurichten.
Aus Eichstätt heißt es relativ knapp: «Die Arbeiten dazu laufen aktuell.» Man sei gerade dabei, die Erklärung umzusetzen. Ähnlich knapp auch die Antwort aus dem Erzbistum Bamberg: «Es gibt bei uns bereits einen Stab, der von einer unabhängigen Missbrauchsbeauftragten geleitet wird. In welcher Form die Strukturen dieses Gremiums in Folge der Gemeinsamen Erklärung jetzt angepasst werden, wird nun geprüft.»
Etwas konkreter klingen die Pläne im Bistum Würzburg: Planungen laufen dort bereits, wie ein Sprecher sagte. «Die Kommission soll baldmöglich gemäß den verbindlichen Kriterien und Standards für eine unabhängige Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche in Deutschland ihre Tätigkeit aufnehmen.»
Und in Regensburg nimmt man lieber gleich das große Ganze in den Blick: «Bischof Rudolf sieht ja die entscheidende Herausforderung darin, institutionenübergreifende Standards zu etablieren», sagte sein Sprecher. «Darüber hinaus geht es um Präventionsstandards. Angesichts von rund 20 000 gemeldeten Fällen von Kindes- und Jugendlichenmissbrauch und Kinderpornografie pro Jahr in Deutschland ein wirklich drängendes Anliegen.»
Die Opferinitiative «Eckiger Tisch» hatte die Bischöfe gleich nach Veröffentlichung der Erklärung dazu aufgerufen, sich auch daran zu halten. «Dass es dazu 18 Monate Verhandlungen bedurfte, zeigt aber auch, dass die immer wieder betonte Bereitschaft zur umfassenden Aufklärung schnell an Grenzen stößt, wenn es konkret wird.»
Passaus Bischof Oster betonte: «Es reicht nicht, bei einzelnen Fällen stehen zu bleiben, um sich wiederholende Täterstrukturen durchbrechen zu können. Wir müssen die Fehler von damals verstehen lernen und für heute Konsequenzen daraus ziehen.»
Quelle: dpa - Deutsche Presse-Agentur GmbH

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