Luftwaffe startet ersten Corona-Hilfsflug nach Bayern
26. November 2021
©
26. November 2021
©
München (dpa/lby) - Wegen des drohenden Zusammenbruchs einer geregelten medizinischen Intensivversorgung in Bayern hat die Luftwaffe Hilfsflüge in den Freistaat aufgenommen.
Ein Airbus A310 MedEvac hob nach Bundeswehr-Angaben am Freitag kurz nach 13.00 Uhr Richtung Memmingen in Bayern ab. Von dort soll er sechs Schwerkranke zum Flughafen Münster-Osnabrück in Nordrhein-Westfalen bringen. Die Ankunft der Maschine war für den frühen Abend geplant.
In Bayern werden derzeit 1037 Covid-Schwerkranke auf den Intensivstationen behandelt; das ist mehr als ein Drittel aller Intensivpatienten im Freistaat. In rund der Hälfte aller bayerischen Landkreise und größeren Städte sind die Intensivbetten knapp. Deswegen gibt es wachsende Probleme bei der Aufnahme und Versorgung von Notfallpatienten, die zum Teil über sehr weite Strecken transportiert werden müssen.
Die Luftwaffe hält zwei Flugzeuge für den Hilfseinsatz bereit. Dazu gehört der Airbus A310 MedEvac, eine «fliegende Intensivstation» mit sechs Behandlungsplätzen, sowie eine umgerüstete Spezialmaschine, das Überwachungsflugzeug A319OH. In dieses waren zwei Plätze zur Intensivbehandlung eingebaut worden.
Die Intensivpatienten, die am Freitag und am Wochenende aus überlasteten bayerischen Krankenhäusern in andere Bundesländer gebracht werden sollen, stammen aus Schwaben, Oberbayern und Niederbayern. Die genaue Zahl könne sich jederzeit ändern, die Verlegungen seien vom Zustand der Patienten abhängig, sagte eine Sprecherin des Innenministeriums.
Insgesamt sollen 50 bayerische Patienten verlegt werden, rund 30 davon bis Sonntag. Die sechs Patienten des ersten Flugs sollen in Westfalen weiter behandelt werden - drei in Münster, drei im Umland der Stadt. Eine maßgebliche Ursache der Krise in Bayern, Sachsen und Thüringen ist nach Einschätzung der meisten Mediziner und Wissenschaftler die niedrige Impfquote in den drei Bundesländern.
Bund und Länder hatten am Dienstag das «Kleeblatt-Konzept» zur strategischen Verlegung von Intensivpatienten «aktiviert». Das soll verhindern, dass dringend behandlungsbedürftige Patienten wegen Überlastung der Intensivmedizin in einem Bundesland nur noch unzureichend oder gar nicht mehr versorgt werden können.
Söder rief den Bund zu schnellem Handeln auf. «Corona ist die Bürde unserer Zeit», sagte der CSU-Chef in Neuburg am Inn. «Es ist die größte Herausforderung seit dem Zweiten Weltkrieg». In Rosenheim forderte der CSU-Chef zuvor eine «einheitliche Bundesnotbremse», eine Vorverlegung der Ministerpräsidentenkonferenz und eine schnelle allgemeine Impfpflicht - am besten schon am 1. Januar.
Es gehe nicht um ein bayerisches, sondern um ein nationales Phänomen. «Deutschland ist mittlerweile das Corona-Sorgenkind in Europa.»
Söder und Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) machten sich am Freitag in den Hotspot-Regionen in Südostbayern ein Bild von der Lage. «Wir sind komplett voll», schilderte Traunsteins Landrat Siegfried Walch die Lage an den Kliniken.
Auch Söder selbst steht in der Kritik. In Krankenhäusern und unter Mediziner herrscht seit Wochen großer Ärger über die Politik in Bund und Ländern. Der Hauptvorwurf ist mangelnde Vorbereitung auf eine absehbare Krise.
Bayerns SPD-Chef Florian von Brunn stellte am Freitag Söders Eignung als Ministerpräsident in Frage. «Ich habe immer ernstere Zweifel, ob er geeignet ist, dieses Bundesland zu führen», sagte von Brunn am Freitag in München. Er warf Söder «Planlosigkeit» vor, etwa beim Herunterfahren der Impfzentren über den Sommer.
© dpa-infocom, dpa:211126-99-155556/2
Quelle: dpa - Deutsche Presse-Agentur GmbH