Tübinger entscheiden über «Tüxit» oder Stadtbahn

19. September 2021 ©
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Tübingen (dpa/lsw) - Tübingen soll nach Vorstellung von Oberbürgermeister Boris Palmer durch eine Regionalstadtbahn mit dem Umland verbunden werden.
Der Grünen-Politiker möchte, dass Menschen in ein paar Jahren von Reutlingen, Herrenberg oder Metzingen beispielsweise ans Tübinger Klinikum fahren können, ohne umzusteigen. Eine Stadtbahn würde das ermöglichen - sofern in Tübingen die Innenstadtstrecke der Regional-Stadtbahn Neckaralb gebaut wird. Am Sonntag (26. September) gibt es darüber einen Bürgerentscheid.
Auf seiner Facebookseite trommelt Palmer für das Projekt: «Wollen wir ein Tübingen, das solidarisch mit der gesamten Region handelt, oder ziehen wir uns auf eine Insel zurück und beschließen den «Tüxit»?» Er argumentiert auch mit Klimaschutz: Ohne Stadtbahn werde es schwieriger, als Stadt bis 2030 klimaneutral zu sein. Mehrere Zehntausend Euro lässt sich die Stadt eine Infokampagne kosten. Im Herbst 2022 sind wieder Oberbürgermeisterwahlen.
Die Regionalstadtbahn stößt aber nicht bei allen Bürgern der Universitätsstadt auf Zustimmung - etwa beim Schwäbischen Heimatbund sowie der Initiative «Nein zur Stadtbahn». Beide Gruppen sagen: Regionalstadtbahn - ja. Innenstadtstrecke - nein. Unter anderem seien die Kosten zu hoch und die Bauarbeiten zu aufwendig.
«Tübingen ist keine beliebige Großstadt und kein Ballungsraum», argumentiert die Bürgerinitiative gleisfrei.org. «Wir sind eine Stadt mit Universität, Charme, Geschichte und einzigartigem Stadtbild. Das dürfen Stahl-Ungetüme mit Betonbahnsteigen, starren Schienen, Oberleitungsmasten und Fahrdrähten nicht einfach platt machen.» Es helfe nicht, wenn sich die Bürger erst 2025 empörten, wenn die ersten Presslufthämmer schon ratterten und die Neckarbrücke abrissen.
Die Mehrheit der gültigen Stimmen entscheidet beim Bürgerentscheid. Diese Mehrheit muss jedoch zugleich mindestens 20 Prozent aller Stimmberechtigten betragen. Ist dies nicht der Fall, entscheidet der Gemeinderat. Etwa 69.300 Menschen in Tübingen dürfen am Entscheid teilnehmen.
Mehr als 50.000 Menschen pendeln täglich in die Universitätsstadt hinein und mehr als 15.000 Menschen aus ihr hinaus.
Die Innenstadtstrecke soll vom Hauptbahnhof über die Neckarbrücke und die Wilhelmstraße führen. Von dort zur Innenstadtklinik und zu den Kliniken Berg. Weiter verlaufen würde die Strecke über den Botanischen Garten am Nordring zum Technologiepark nach Waldhäuser Ost. Die Stadtbahn ist eine Ergänzung zum Bussystem. Auf den Strecken, die in Zukunft von der Regional-Stadtbahn betrieben werden, wird die Bahn den Bus ersetzen.
Auf der Innenstadtstrecke sollen «Tram-Train-Fahrzeuge» fahren, die für die Region Neckar-Alb entwickelt und gebaut werden. Diese sind rund 37 Meter lang und etwa so breit wie ein Stadtbus. Um die 230 Menschen finden in den barrierefreien Zügen Platz, in den Mehrzweckabteilen ist Platz für Fahrräder, Kinderwagen und Gepäck.
Die geplante Streckenlänge des Gesamtnetzes beträgt 205 Kilometer. 137 Kilometer des bestehenden Streckennetzes werden elektrifiziert, 45 Kilometer neu gebaut und reaktiviert. Die ersten Teile der Regional-Stadtbahn sind bereits im Bau. Ende 2022 werden auf der Ammertalbahn (Herrenberg - Tübingen) und auf der Ermstalbahn (Metzingen - Bad Urach) die Züge elektrisch fahren. Insgesamt soll die Regional-Stadtbahn pro Tag 120.000 Fahrgäste befördern. Das entspricht dem Dreifachen der Passagierzahl, die pro Tag am Stuttgarter Flughafen abgefertigt wird, wie in der Info-Broschüre des Projekts steht.
Die Regional-Stadtbahn ist das größte Infrastrukturprojekt der Region Neckar-Alb mit etwa 700.000 Menschen. Es gibt sechs Projektpartner: Landkreis Reutlingen, Landkreis Tübingen, Zollernalbkreis, Stadt Reutlingen, Universitätsstadt Tübingen und der Regionalverband Neckar-Alb. Zum Bau der Innenstadtstrecke Tübingen werden nach aktuellem Planungsstand Investitionen in Höhe von rund 230 Millionen Euro zuzüglich Planungskosten notwendig sein. Die Investitionen in die Baumaßnahmen der Regional-Stadtbahn Neckar-Alb betragen mit Planungs- und Baukosten etwa 2,1 Milliarden Euro.
© dpa-infocom, dpa:210919-99-273622/2
Quelle: dpa - Deutsche Presse-Agentur GmbH

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