Bayern droht vierte Welle im Herbst

24. Juli 2021 ©
24. Juli 2021 ©
München (dpa/lby) - Bayern und Deutschand droht eine vierte Corona-Welle im Herbst.
Trotz niedriger absoluter Fallzahlen steigen die Infektionsraten derzeit wieder exponentiell an. Für die nähere Zukunft rechnet das Gesundheitsministerium in München zunächst damit, dass die Urlaubssaison mit ihrem erhöhten Reisesverkehr auch zu einem erhöhten Infektionsrisiko führen kann. «Deshalb muss in der nächsten Zeit eher mit einem weiteren Anstieg gerechnet werden», sagte ein Sprecher in München.
Was die weitere Entwicklung betrifft, so rechnet das Robert Koch-Institut in Berlin in Modellszenarien mit einem neuerlichen starken Anstieg der deutschlandweiten Fallzahlen ab Ende Oktober. Die Bevölkerung soll «frühzeitig darüber informiert werden, dass es im Winter wieder zu einer starken Belastung des Gesundheitswesens» und möglicherweise einer regionalen oder lokalen Überlastung kommen könne, heißt es in einem am Donnerstag veröffentlichten Papier.
Ein wesentlicher Indikator für die Geschwindigkeit, mit der sich das Virus ausbreitet, ist die Reproduktionszahl. Diese gibt an, an wie viele Menschen ein Infizierter das Virus in einem bestimmten Zeitraum durchschnittlich weitergibt. «Bei SARS-CoV-2 beträgt dieses serielle Intervall 4 Tage», erläutert ein Sprecher des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittel.
In Bayern liegt der R-Wert seit gut zwei Wochen wieder über 1, was auf eine rasche Ausbreitung des Virus hindeutet. «Bei einem R-Wert von über 1 ist ein exponentielles Wachstum gegeben», heißt es dazu bei der Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie in Ulm. Exponentiell bedeutet, dass die Infektionszahlen nicht linear steigen, sondern sich in bestimmten Zeitabständen verdoppeln. Zu einem solchen rasanten Anstieg der Infektionszahlen kam es 2020 sowohl im Frühjahr als auch im Herbst.
Eine hypothetische Beispielrechnung: Der R-Wert für Bayern lag zuletzt bei etwa 1,2. So wären bei angenommenen 100 Infektionen am Freitag und unverändertem R-Wert nach dem «seriellen Intervall» von vier Tagen am Dienstag 120 neue Coronafälle in Bayern zu erwarten. In die Zukunft gerechnet wären bei unverändertem R-Wert Ende August um die 500 Infektionen am Tag zu erwarten, Ende September um die 2500, und Ende Oktober/Anfang November bereits über 10.000 neue Fälle.
Tatsächlich waren es am Freitag in Bayern nicht 100 neue Coronafälle, sondern laut RKI 247. Eine hypothetische Beispielrechnung ist keine Prognose, da die tatsächliche Entwicklung von sehr vielen Faktoren abhängt, nicht nur vom R-Wert. Das RKI betonte am Donnerstag, dass sein jüngstes Szenario für den Herbst und Winter keine Corona-Vorhersage sei, sondern eine mögliche Entwicklung aufzeigen soll. Manchmal wird aus der Möglichkeit aber Realität: So hatte die Gesellschaft für Epidemiologie im Frühjahr 2020 in Modellrechnungen aufgezeigt, dass im Herbst die zweite Welle drohte - wie sie dann auch tatsächlich eintrat.
Noch aber sind die Fallzahlen niedrig. Deswegen können «lokale Ausbrüche den Wert der Reproduktionszahl relativ stark» schwanken lassen, wie ein Sprecher des Gesundheitsministeriums in München sagt. «Wie sich das Geschehen weiterentwickelt, kann nicht vorhergesagt werden und wird weiter beobachtet.»
Eine große Rolle bei der Ausbreitung des Virus spielt die Delta-Variante, die mutmaßlich ansteckender ist als andere Varianten. Nach Angaben des RKI vom 14. Juli lag der Anteil der Delta-Variante an sämtlichen Neuinfektionen in Deutschland bis dahin bei knapp drei Viertel. «Es ist auf Basis der bisherigen Entwicklung davon auszugehen, dass der Anteil der Delta-Variante an der Gesamtzahl der Infektionen weiter zunimmt», heißt es beim Gesundheitsministerium.
Die große Hoffnung: Dank Impfungen und einer steigenden Zahl von Genesenen schreitet die Immunisierung voran - deswegen geht die Staatsregierung «von einer durchschnittlich niedrigeren Morbiditäts- und Mortalitätsrate» aus als im Jahr 2020. In die Alltagssprache übersetzt: Weniger Kranke und weniger Tote. Doch das ist keine Entwarnung. «Steigen die Infektionszahlen jedoch sehr stark an, steigt gleichzeitig das Risiko, dass es zu einer erhöhten Anzahl schwerer Erkrankungen kommt und die Hospitalisierungen wieder zunehmen», sagt der Ministeriumssprecher. «Dieses gilt es zu vermeiden.»
© dpa-infocom, dpa:210724-99-503846/2
Quelle: dpa - Deutsche Presse-Agentur GmbH

Das könnte Sie auch interessieren ...

antenne.de

Höhere Cannabis-Grenzwerte? Bayern: Widerstand angekündigt

Grenzwerte, Bayern, Höhere, Widerstand, Anhebung, Forderung, Augsburg, Diskussion, Innenminister, Cannabis In der Diskussion um eine Anhebung der Grenzwerte hat Bayern eine klare Haltung - und eine Forderung. Annette Riedl/dpa/Archivbild Augsburg/München (dpa/lby) - Bayerns Innenminister Joachim Herrmann ... mehr ... 4. April 2024

n-tv.de

Bayern Reger Verkehr auf Bayerns Straßen

Osterferien, Bayern, Fernstraßen, Reger, Freistaat, München, Verkehr, Bundesländern, Beginn, Bayerns In Bayern und zehn anderen Bundesländern haben die Osterferien begonnen. Die Lage auf den Fernstraßen im Freistaat ist dabei wie erwartet. München (dpa/lby) - Zum Beginn der Osterferien ... mehr ... 23. März 2024

n-tv.de

Bayern Nach stürmischem Ostermontag typisches Aprilwetter in Bayern

Bayern, Aprilwetter, Ostermontag, Wind, Osterferienwoche, München, Sonne München (dpa/lby) - Nach einem windigen Ostermontag folgt auch für die letzte Osterferienwoche regnerisches Aprilwetter in Bayern, zwischendurch zeigt sich die Sonne. Der Wind und die lokalen ... mehr ... 1. April 2024

n-tv.de

Bayern "Kein schöner Anblick": Mehrere Kommunen ohne Gelbe Säcke

Kommunen, München, Bayern, Gelben, Gelbe, Mehrere, Säcke, Anblick, Säcken, Beispiel München (dpa/lby) - In den meisten Kommunen in Bayern wird der Plastikmüll in Gelben Säcken oder der Gelben Tonne abgeholt - aber noch nicht in allen. Das prominenteste Beispiel: München. mehr ... 24. März 2024

n-tv.de

Bayern Ministerium: Ende der Grippewelle in Sicht

Grippewelle, Bayern, Ende, Grippefälle, Judith, Freistaat, Gesundheitsministerin, München, Gerlach, Ministerium München (dpa/lby) - In Bayern zeichnet sich das Ende der Grippewelle ab. Seit Mitte Februar sinke die Zahl der Grippefälle im Freistaat stetig, teilte Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU ... mehr ... 29. März 2024

n-tv.de

Bayern "Rekordverdächtig warm"

Bayern, Wochenende, Rekordverdächtig, München, Deutsche, Wochenend, Temperaturen, Wetterdienst, Wetter Für das Wochenende wird ein ideales Ausflugswetter vorhergesagt. München (dpa/lby) - Für das Wochenende in Bayern sagt der Deutsche Wetterdienst (DWD) frühsommerliche Temperaturen mit bis zu ... mehr ... 5. April 2024

antenne.de

Regionale Züge in Bayern immer seltener pünktlich

Züge, Bayern, Schuld, Pünktlichkeit, Infrastruktur, München, Tiefstand, Eisenbahngesellschaft, Bayerische, Regionale Die Pünktlichkeit der Züge in Bayern hat einen historischen Tiefstand erreicht - kritisiert die Bayerische Eisenbahngesellschaft. Die Schuld gibt sie vor allem der Infrastruktur. München (dpa/lby) - ... mehr ... 7. April 2024

expand_less