2020 weniger Kirchenaustritte

14. Juli 2021 ©
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Düsseldorf (dpa/lnw) - Im Corona-Jahr 2020 sind in Nordrhein-Westfalen deutlich weniger Menschen aus der Kirche ausgetreten - sogar im Erzbistum Köln.
Wie das größte deutsche Bistum am Mittwoch mitteilte, kehrten 2020 in seinem Einzugsgebiet 17.281 Katholiken der Kirche den Rücken. 2019 waren es 24.298 gewesen.
In den Erzbistümern München-Freising und Freiburg sowie im Bistum Rottenburg-Stuttgart traten 2020 noch mehr Menschen aus der Kirche aus als im Erzbistum Köln. Die Vertrauenskrise um Kardinal Rainer Maria Woelki, die in den vergangenen Monaten zu enorm hohen Austrittszahlen führte, hatte sich erst Ende 2020 entfaltet und dürfte vor allem im laufenden Jahr zu Buche schlagen.
Bereits im Januar hatte das Justizministerium in Düsseldorf mitgeteilt, dass 2020 weniger Menschen aus der Kirche ausgetreten als 2019. Im vergangenen Jahr habe es in NRW insgesamt 89.694 Kirchenaustritte gegeben, 2019 seien es noch 120.188 gewesen. An diesem Mittwoch schlüsselten die Kirchen die Zahlen weiter auf.
So ist die Mitgliederzahl der Evangelischen Kirche von Westfalen 2020 gegenüber dem Vorjahr um 2,1 Prozent auf 2,1 Millionen gesunken. Der größte Faktor waren dabei die Todesfälle (36.300), sie stiegen im Vergleich zum Vorjahr um 2,9 Prozent. Dagegen sank die Zahl der Kirchenaustritte: 16.123 Menschen traten aus der westfälischen Landeskirche aus - 22,5 Prozent weniger als 2019. Dies war ein Trend in ganz Deutschland.
Eine am Mittwoch veröffentlichte Studie der westfälischen und der württembergischen Landeskirche zu den Gründen für einen Kirchenaustritt ergab innere Distanz zum Glauben und die Kirchensteuer als häufig genannte Motive. Die meisten Befragten hätten allerdings keinen konkreten Anlass für ihren Austritt genannt, teilte die Evangelische Kirche von Westfalen in Bielefeld mit.
Für die Studie wurden seit Oktober 2020 insgesamt 464 Telefoninterviews mit Personen geführt, die im Vormonat ausgetreten waren. 61 Prozent der kontaktierten Personen waren zu einem Interview für die Studie bereit.
Der Austritt sei oft Ergebnis eines längeren Prozesses oder eine Konsequenz aus grundsätzlichen Motiven, fasste Pfarrer Hansjörg Federmann die Ergebnisse zusammen. Federmann ist bei der westfälischen Landeskirche für Mitgliederbindung zuständig. Oft sei der Austritt das Ergebnis einer längeren Entfremdung, die Mitgliedschaft in der Kirche sei dann nur noch passiv gewesen. Einer der Befragten sagte: «Für mich ist es mit der Kirche wie mit einem Fitness-Studio, für das ich Beitrag zahle, aber nie hingehe.»
«Wir werden uns als Kirche verändern müssen», sagte der katholische Aachener Generalvikar Andreas Frick. Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Thorsten Latzel, sagte, die Zahl der Austritte sei zwar um etwa ein Viertel im Vergleich zu 2019 gesunken, doch bedeute jeder einzelne Austritt einen Verlust. «Als Kirchenleitung der Evangelischen Kirche im Rheinland haben wir reagiert», sagte Latzel. Unter anderem werde eine Initiative gestartet, um Taufen nachzuholen, die im vergangenen Jahr wegen der Corona-Pandemie nicht stattfinden konnten.
Der Münsteraner Religionssoziologe Detlef Pollack glaubt nicht, dass die rückläufigen Austrittszahlen auf eine Renaissance der Kirchen hindeuten. Vielmehr sei es so, dass Menschen im Krisenfall persönliche Lebensentscheidungen - und dazu gehöre im Prinzip auch der Kirchenaustritt - oft erst einmal zurückstellten. «Man schiebt es auf, weil man sich sagt: "Das kann ich auch später noch machen, jetzt hab ich erstmal Wichtigeres zu tun."» Im vergangenen Jahr habe der Schutz der eigenen Gesundheit, die Sicherung des Arbeitsplatzes, die Begleitung der Kinder im Distanzunterricht Priorität gehabt.
© dpa-infocom, dpa:210714-99-380653/3
Quelle: dpa - Deutsche Presse-Agentur GmbH

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