Heilbädern steht in der Pandemie das Wasser bis zum Hals

11. Juli 2021 ©
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Dresden (dpa/sn) - Die Corona-Pandemie hat die schwierige Lage von Heilbädern in Sachsen nach Darstellung ihres Branchenverbandes weiter verschlechtert.
Sie müssten zwar umfangreiche Gesetzesauflagen erfüllen und dafür erhebliche Mittel aufbringen, hätten aber keine entsprechenden Einnahmen, sagte Helfried Böhme, Geschäftsführer des Sächsischen Heilbäderverbands. «Wir fordern daher nachdrücklich eine finanzielle Unterstützung der Kurorte durch den Freistaat Sachsen, um deren Rolle als wichtige Wirtschaftsfaktoren in strukturschwachen Regionen auch in Zukunft ausfüllen zu können.» Diese Hilfe gebe es in einigen Bundesländern schon lange und sie sei in Sachsen überfällig und überlebensnotwendig. Sonst könne man im Wettbewerb nicht bestehen.
Böhme zufolge werden erst die nächsten Monate zeigen, wie viele der kleineren touristischen Einrichtungen in den Kurorten akut in ihrer Existenz bedroht sind. Von den größeren Akteuren wie den sächsischen Gesundheitsbädern und Kurmittelhäusern habe im Gegensatz zur Situation in anderen Bundesländern noch keine Einrichtung Insolvenz anmelden müssen: «Viele haben die laufenden Kosten mehr schlecht als recht durch die Aufnahme von neuen Darlehen und die Nutzung von finanziellen Mitteln, die in den Vorjahren eigentlich für künftige Investitionen angespart worden waren, bestreiten können.» Diese würden aber in den nächsten Jahren fehlen und negative Auswirkungen auf die Marktposition und die Wettbewerbsfähigkeit haben.
Die finanzielle Lage vieler Einrichtungen sei auch dadurch erschwert worden, dass sie von Überbrückungshilfen des Bundes ausgeschlossen waren und sind, da sie sich teilweise in öffentlicher Hand befinden. «Damit wurden sie extrem gegenüber privaten Unternehmen benachteiligt. Die Defizite belasten die Kurorte oder die Landkreise als Träger der Einrichtungen und damit auf lange Sicht die dort ansässigen Bürger», erläuterte Böhme. Derzeit dürften auch Bäder und Kurmittelhäuser wieder öffnen. «Das ist für die Kurorte extrem wichtig, da von ihrem Betrieb sehr stark die Gästeankünfte in den Orten insgesamt abhängen.» Wie schnell man wieder zum «Normalbetrieb» zurückkehren kann, hänge aber von einigen Faktoren ab.
Böhme warf der Politik vor, mit unterschiedlichen Maßstäben gemessen zu haben. Denn Gesundheitsbäder und Thermen seien durch bauliche Gegebenheiten und ihre Lüftungssysteme im Vergleich zu anderen Einrichtungen in Zeiten der Pandemie sichere Orte. Die Lüftung sei so ausgelegt, dass Aerosole komplett und schnell aus der Raumluft entfernt werden, um Feuchtigkeitsschäden vorzubeugen. Böhme verwies auf wissenschaftliche Studien, wonach Gäste einer Therme nur ein bis zehn Prozent der Menge an Aerosolen ausatmen wie Nutzer etwa von Fitnessstudios oder Sporthallen. Dennoch seien Bäder und Saunen unter den letzten Einrichtungen gewesen, die wieder öffnen durften.
«Unser Verband hat in zahlreichen Stellungnahmen zu den jeweiligen Corona-Schutzverordnungen darauf aufmerksam gemacht, leider ohne hierzu Gehör zu finden. So ist für die Wirtschaft in den Kurorten und für die zur Gesundheitsversorgung wichtigen Einrichtungen erheblicher unnötiger Schaden entstanden», betonte der Geschäftsführer. Die Kurorte und deren Unternehmen brauchten längerfristige Öffnungsperspektiven unter den Bedingungen der Pandemie: «Eine Therme kann man nicht kurzfristig schließen oder wieder öffnen.» Es gelte Bedingungen zu schaffen, damit einerseits die Gäste sicher sind und auf der anderen Seite Einrichtungen wirtschaftlich agieren können.
Die sächsische Bundestagsabgeordnete Sabine Zimmermann (Linke) hatte Daten zu Gästeankünften in Heilbädern ausgewertet und einen starken Rückgang registriert. Demnach gab es in Sachsen von Januar bis März dieses Jahres knapp 80 Prozent weniger Ankünfte als im gleichen Vorjahreszeitraum. Die Zahl der Übernachtungen ging um 45,2 Prozent zurück. Ein kleinerer Personenkreis blieb also länger im Kurort. Zimmermann: «Die gesundheitliche Bedeutung der Heilbäder ist bei der Feinjustierung der Corona-Maßnahmen nicht ausreichend beachtet worden.» Vor allem aber fehle es den Bädern an finanzieller Hilfe.
Baden-Württemberg hat unlängst auf die Situation reagiert. Kommunen, die Träger von Kur- und Heilbädern sind, bekommen vom Land eine Finanzspritze von 30 Millionen Euro.
© dpa-infocom, dpa:210711-99-337272/2
Quelle: dpa - Deutsche Presse-Agentur GmbH

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