Umfrage zeigt steigende Kirchenaustrittszahlen

27. Juni 2021 ©
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Hannover (dpa/lni) - Ihre offiziellen Mitgliederstatistik präsentieren die Kirchen zwar erst Mitte Juli - eine nicht repräsentative Umfrage unter mehreren Standesämtern in Niedersachsen verrät aber, dass in den vergangenen Monaten die Austrittszahlen deutlich angestiegen sind.
So sind in der Landeshauptstadt Hannover im Zeitraum von Januar bis Mai 2021 insgesamt 2766 Menschen aus den beiden christlichen Kirchen ausgetreten. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es 1670 Kirchenaustritte. «Dies ist schon ein bemerkenswerter Anstieg», sagte ein Sprecher der Stadt dazu.
In Hannover lasse sich derzeit nicht zwischen Austritten aus der evangelischen und katholischen Kirche unterscheiden. In den vergangenen Jahren sei das Verhältnis zwischen evangelisch zu katholisch etwa 75 Prozent zu 25 Prozent. «In diesem Jahr sind es mehr Katholiken, die austreten, so dass das Verhältnis evangelisch zu katholisch etwa 66,6 Prozent zu 33,3 Prozent ist», sagte der Sprecher.
In Oldenburg wurden vom 1. Januar 2020 bis zum 31. Mai 2020 547 Kirchenaustritte gezählt. Im gleichen Zeitraum dieses Jahres waren es nach Angaben der Stadt 708 Kirchenaustritte - auch hier wird nicht zwischen den Konfessionen unterschieden. Im Frühjahr vergangenen Jahres in der Anfangszeit der Pandemie hatte das Oldenburger Standesamt kurzfristig geschlossen. «Die Bürgerinnen und Bürger haben in dieser Phase wahrscheinlich zweimal überlegt, ob sie jetzt einen Termin wahrnehmen wollen», hieß es von der Stadt.
Einen Anstieg der Austrittszahlen registrierte auch das Standesamt in Osnabrück. Traten in der ersten Jahreshälfte 2020 321 Menschen aus, waren es im Vergleichszeitraum dieses Jahres 441 Austritte. Auch hier wird nicht zwischen evangelisch und katholisch differenziert, auch hier gab es im April und Mai vergangenen Jahres einen Lockdown, sagte ein Stadtsprecher.
In Hildesheim wurden von Dezember 2020 bis Mai 2021 349 Kirchenaustritte verzeichnet, im Zeitraum von Dezember 2019 bis Mai 2020 waren es 202. Auch hier habe es im März und April vergangenen Jahres eine pandemiebedingte Schließung des Standesamtes gegeben, sagte ein Stadtsprecher.
Berichten aus anderen Regionen Deutschlands zufolge kehrten vor allem Katholiken in den vergangene Monaten ihrer Kirche den Rücken. Neben den Dauerthemen Umgang mit dem Missbrauchsskandal und der Stellung der Frauen in der Kirche hatte auch das Verhalten des umstrittenen Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki zu viel Unmut unter den Gläubigen geführt. Auch die Weigerung des Vatikans, eine Segnung gleichgeschlechtlicher Paare zu dulden, war bei vielen Katholiken auf Unverständnis gestoßen.
So ist auch in einigen kleineren Städten in katholisch geprägten Regionen Niedersachsens ein Anstieg der Austrittszahlen zu beobachten. So gab es von Januar 2020 bis Mai 2020 in Cloppenburg 20 Austritte bei der evangelischen und 34 Austritte bei der katholischen Kirche. Vom Januar 2021 bis Januar 2021 waren es 36 Austritte bei der evangelischen und 97 Austritte bei der katholischen Kirche, hieß es von der Stadt.
Auch in Lohne (Kreis Vechta) stieg die Zahl der Austritte spürbar an. Bis zum 31. Mai 2021 verließen hier 69 Menschen eine der beiden christlichen Kirchen. Im selben Zeitraum des Vorjahres waren es 26, und im gesamten Jahr 2020 waren es 72 Austritte.
Hoch sind auch die Austrittszahlen in der Stadt Meppen. Vom 1. Januar 2021 bis zum 7. Juni 2021 traten 79 Menschen aus der katholischen Kirche aus, 21 aus der evangelischen. Im Jahr 2020 traten 199 Menschen aus der Kirche aus, davon 135 aus der katholischen. Im Jahr 2019 verließen in Meppen 228 Menschen die römisch-katholische Kirche (insgesamt 277 Austritte), im Jahr 2018 waren von 150 Ausgetretenen 111 katholisch, und im Jahr 2017 betrafen von 127 Austritten 86 die katholische Kirche.
Aktuelle Daten zu den Kirchenaustritten haben die Bistümer derzeit nicht. Die Pressestellen in Osnabrück und Hildesheim verweisen auf Mitte Juli, wenn die neuesten Statistiken bundesweit vorgelegt werden. Auch diese bilden aber nicht die Entwicklung des vergangenen halben Jahres ab, sondern reichen nur bis Ende Dezember 2020.
© dpa-infocom, dpa:210627-99-159839/2
Quelle: dpa - Deutsche Presse-Agentur GmbH

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