Neun Jahre Jugendhaft für 21-Jährigen

21. Juni 2021 ©
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Essen (dpa/lnw) - Es müssen fürchterliche Bilder gewesen sein: Vor rund sieben Monaten hat ein junger Mann aus Marl seine bereits schlafende Nachbarin erstochen.
Auch ihr vierjähriger Sohn wurde lebensgefährlich verletzt. Am Montag ist der 21-Jährige am Essener Landgericht verurteilt worden. Die Strafe: neun Jahre Jugendhaft wegen Mordes und Mordversuchs. Außerdem haben die Richter die unbefristete Unterbringung in der geschlossenen Psychiatrie angeordnet - zum Schutz der Allgemeinheit.
Es war die Nacht auf den 10. November 2020, als der Angeklagte durch das geöffnete Badezimmerfenster seiner Nachbarin geklettert ist. Nach seiner eigenen Schilderung ging er in die Küche, nahm sich zwei Messer und stach im Schlafzimmer anschließend immer wieder auf die im Bett liegende 27-Jährige ein. Die Frau ist zwar aufgewacht und hat geschrien, hatte aber keine Chance. Die Ärzte hatten später über 40 Stich- und Schnittverletzungen gezählt. Klassische Abwehrverletzungen an Armen und Händen gab es nicht. Als Todesursache wurde ein Verbluten nach innen und außen diagnostiziert.
Anschließend hatte der geständige 21-Jährige den inzwischen wach gewordenen Sohn bis in sein Kinderzimmer verfolgt und dann ebenfalls auf ihn eingestochen. So lange, bis der Junge aufhörte, zu schreien.
Selbst einen gestandenen Polizisten, der als einer der ersten am Tatort war, hatte der Anblick damals schwer mitgenommen. «Er ist bei seiner Zeugenvernehmung immer weiter in sich zusammengesackt und schließlich sogar in Tränen ausgebrochen», sagte Richter Sebastian Jordan bei der Urteilsbegründung. «Er hat bis heute nicht richtig verarbeiten können, was er da gesehen hat. So grausam müssen die Bilder gewesen sein.»
Dass der vierjährige Sohn überlebt hat, sei Glück, sagte der Richter weiter. Er wird nach Angaben eines Rechtsmediziners Narben am Hals zurückbehalten.
Die Hintergründe der Tat sind völlig unklar. Der Angeklagte hatte im Prozess behauptet, dass er Stimmen gehört habe und sich wie ferngesteuert gefühlt habe - wie ein Avatar in einem Computerspiel. Ihm sei befohlen worden, etwas Böses zu tun - und zwar im realen Leben.
Ein Psychiater sprach vor Gericht von einer psychischen Erkrankung, aber auch von möglichen sexuellen Motiven. Diese hat der 21-jährige Deutsche jedoch bestritten. Er habe seine Nachbarin zwar hübsch gefunden, aber keinerlei Interesse an ihr gehabt.
Nach der Tat hatte der Angeklagte Fotos an Computerspielfreunde geschickt, die daraufhin die Polizei alarmiert hatten. Die Polizisten hatten zunächst jedoch überhaupt nicht gewusst, wo der Tatort liegen könnte. Bis sie schließlich das Wimmern eines Kindes hörten.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
© dpa-infocom, dpa:210621-99-84045/3
Quelle: dpa - Deutsche Presse-Agentur GmbH

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