EuGH stärkt Rechte von Schutzsuchenden in Deutschland

10. Juni 2021 ©
10. Juni 2021 ©
Luxemburg/Mannheim (dpa) - Deutsche Behörden dürfen schutzsuchende Migranten nicht allein auf Grundlage einer vergleichsweise niedrigen Zahl von zivilen Opfern in Konfliktgebieten abweisen.
Wenn Behörden systematisch nur ein einziges quantitatives Kriterium anwendeten, könnten Menschen ausgeschlossen werden, die tatsächlich Schutz benötigen, entschied der Europäische Gerichtshof am Donnerstag in Luxemburg. Hintergrund der Entscheidung ist ein Fall vor dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, der darüber entscheiden muss, ob zwei Menschen aus der afghanischen Provinz Nangarhar sogenannten subsidiären Schutz bekommen.
Eine ernsthafte individuelle Bedrohung kann demnach nicht davon abhängig gemacht werden, dass das Verhältnis der Zahl ziviler Opfer zur Gesamtzahl der Bevölkerung in einem Konfliktgebiet eine bestimmte Schwelle erreicht. Es sei eine umfassende Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls erforderlich, urteilte das Gericht.
Subsidiärer Schutz wird in Deutschland dann gewährt, wenn Betroffenen im Herkunftsland Folter, Todesstrafe oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit «infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts» droht. Die Möglichkeit für Familiennachzug ist bei subsidiärem Schutz deutlich begrenzt.
Der Verwaltungsgerichtshof argumentierte, dass in beiden Fällen eigentlich kein subsidiärer Schutz gewährt werden könne. Denn für diese Entscheidung komme es maßgeblich auf die Zahl der zivilen Todesopfer an und diese erreiche den in der deutschen Rechtsprechung zugrunde gelegten Schwellenwert trotz hoher Opferzahlen nicht. Andere Umstände wiesen jedoch auf eine nicht mehr hinnehmbare Gefährdung der Zivilbevölkerung hin. Deshalb wollte das deutsche Gericht vom EuGH wissen, welche Kriterien dafür gelten, dass eine relevante Bedrohung für die Zivilbevölkerung herrscht.
© dpa-infocom, dpa:210610-99-938757/2
Quelle: dpa - Deutsche Presse-Agentur GmbH

Das könnte Sie auch interessieren ...

Keine ähnlichen Artikel gefunden.

expand_less