Sensationeller Wahlsieg der CDU in Sachsen-Anhalt

6. Juni 2021 ©
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Magdeburg (dpa) - Triumph für Ministerpräsident Reiner Haseloff: Die CDU hat die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt sensationell gewonnen.
Nach ersten Hochrechnungen von ARD und ZDF verbesserte sie sich am Sonntag auf 35,2 bis 35,9 Prozent. Die AfD, die in Sachsen-Anhalt als besonders rechts gilt und im Visier des Verfassungsschutzes steht, behauptete sich mit 22,7 bis 23,3 Prozent als zweitstärkste Kraft. Die Grünen legten leicht zu. SPD und Linke rutschten auf ihre bislang schlechtesten Ergebnisse im Land ab. Die FDP kehrt nach zehn Jahren in den Landtag zurück.
Dreieinhalb Monate vor der Bundestagswahl bedeutet das Ergebnis deutlichen Rückhalt auch für die Union und Kanzlerkandidat Armin Laschet (CDU). «Natürlich bringt uns das auch Rückenwind für Berlin», sagte Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus. Die Landtagswahl habe gezeigt, dass die CDU auch unter Laschet «regierungsfähig» sei. In Umfragen hatte sich die CDU in Sachsen-Anhalt zeitweise ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der AfD geliefert.
Die schwarz-rot-grüne Kenia-Koalition unter Führung von Haseloff könnte nun weiterregieren. Die Stärke der CDU und die Rückkehr der FDP in den Landtag eröffnen sich aber auch neue Koalitionsoptionen. So wären auch eine sogenannte Deutschland-Koalition aus CDU, SPD und FDP möglich oder ein Jamaika-Bündnis aus CDU, Grünen und FDP. Haseloff wertete das Ergebnis auch als Zeichen gegen Rechts, ließ zunächst aber noch keine Präferenzen erkennen. Eine Koalition werde «nicht so einfach zu bilden sein», sagte er am Abend. Man werde mit allen demokratischen Parteien sprechen.
Die Grünen, die im Osten traditionell schwächer sind, konnten nicht vom starken Bundestrend profitieren, sie erzielten mit 6,1 bis 6,5 Prozent allenfalls einen Achtungserfolg. 2016 hatten sie es mit 5,2 Prozent nur knapp in den Landtag geschafft. Seither regierten sie mit CDU und SPD, lieferten sich aber vor allem mit der CDU immer wieder Auseinandersetzungen. Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock räumte am Abend ein, dass man sich mehr erhofft habe. Viele Menschen hätten aber verhindern wollen, dass Rechtsextreme eine Regierung mitbestimmten, und deshalb die CDU unterstützt. Die Ausgangslage bei der Bundestagswahl sei eine komplett andere.
Die SPD rutschte auf einen historischen Tiefststand, laut Hochrechnungen kommt sie nur noch auf 8,2 bis 8,3 Prozent (2016: 10,6 Prozent). Damit setzt sich der Niedergang der SPD in den ostdeutschen Ländern fort. In Sachsen hatten die Sozialdemokraten 2019 mit 7,7 Prozent ihr schlechtestes Landtagswahlergebnis überhaupt eingefahren, in Thüringen kamen sie im selben Jahr auf nur noch auf 8,2 Prozent.
Größter Verlierer ist die Linke, die lange als Sachwalter ostdeutscher Interessen galt. Sie rutscht im Land mit 10,9 bis 11,0 Prozent auf ihr schlechtestes Ergebnis seit der deutschen Einheit ab. Die FDP kehrt mit 6,4 bis 6,9 Prozent in den Landtag zurück, in dem sie seit 2011 nicht mehr vertreten war.
Nach den ersten Hochrechnungen bekommt die CDU im neuen Landtag 32 bis 33 Sitze (2016: 30). Die AfD stellt 21 Abgeordnete (2016: 25). Die Linke kommt auf 10 Mandate (2016: 16), die SPD auf 7 bis 8 (2016: 11). Die Grünen erhalten 6 Mandate (2016: 5). Die FDP zieht mit 6 Abgeordneten in den Landtag ein.
Der heute 67 Jahre alte Haseloff, der 2011 erst eine große Koalition und 2016 dann das Kenia-Bündnis geschmiedet hatte, hat eine Zusammenarbeit mit AfD und Linken kategorisch ausgeschlossen. Die politische Konkurrenz hatte im Wahlkampf aber immer wieder Zweifel geäußert, ob tatsächlich die gesamte CDU in Sachsen-Anhalt die strikte Abgrenzung gegenüber der AfD mitträgt. Aus den Reihen der CDU-Landtagsfraktion hatte es in den letzten Jahren immer wieder Forderungen gegeben, sich für eine Kooperation zu öffnen.
Das Ergebnis der CDU dürfte auch die Union im Bund beflügeln. Die Landtagswahl galt als letzter großer Stimmungstest vor der Bundestagswahl am 26. September. Sie ist zugleich die erste seit Ausrufung von CDU-Chef Armin Laschet zum Kanzlerkandidaten. Haseloff hatte lange Zeit keinen Hehl daraus gemacht, dass er CSU-Chef Markus Söder für den besseren Kanzlerkandidaten gehalten hätte.
Die AfD muss leichte Verluste hinnehmen, bleibt aber zweitstärkste Kraft trotz einer ganzen Serie von Skandalen. 2018 musste Partei- und Fraktionschef André Poggenburg nach verbalen Ausfällen gehen. Fast der ganze Landesverband wird dem formal inzwischen aufgelösten «Flügel» zugerechnet, ebenso wie die AfD in Brandenburg und Sachsen wird er vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachtet. In Thüringen hat sich ein solcher Verdacht bereits erhärtet.
Insgesamt waren 1,8 Millionen Menschen aufgerufen, über einen neuen Landtag abzustimmen. 2016 lag die Wahlbeteiligung bei 61,1 Prozent. Diesmal hatten coronabedingt viele schon vorher per Brief gewählt.
© dpa-infocom, dpa:210606-99-885400/4
Quelle: dpa - Deutsche Presse-Agentur GmbH

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