Wildtiere im «Corona-Stress»

5. Juni 2021 ©
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Stuttgart (dpa/lsw) - In der Coronakrise hat es die Menschen verstärkt in den Wald gezogen - darunter leiden die dort lebenden Wildtiere.
«Eine intensivere Freizeitnutzung im Wald birgt zunächst insbesondere die Gefahr von Störungen der Tierwelt, selbst dann, wenn die Personen auf den Wegen bleiben», heißt es in einer Antwort des Ministeriums für ländlichen Raum auf eine Anfrage der FDP-Landtagsfraktion. Störungsempfindliche Arten kämen zwar nicht überall vor, seien durch eine hohe Anzahl von Wanderern und Radfahrern im Wald aber deutlich stärker betroffen als andere Spezies. Dazu zählt das vom Aussterben bedrohte Auerhuhn im Schwarzwald. Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) sieht eine massive Belastung der Waldbewohner: «Für die ist das Stress pur», heißt es von den Umweltschützern.
Der Sprecher für Land-, und Forstwirtschaft der FDP-Fraktion, Klaus Hoher, begrüßt zwar das wachsende Interesse der Menschen am Wald. Aber: «Für die Natur, die dort lebenden Tiere, den Wald sowie die Waldbesitzer hat der massiv gestiegene Ansturm auch Nachteile.» Der Initiator der Anfrage rief die Landesregierung auf, einzugreifen, damit sportliche Aktivitäten nicht unkontrolliert und auf illegalen Wegen stattfinden. Als Beispiel nannte er das Ausweisen von Mountain-Bike-Strecken.
Das Ministerium verweist zwar auf verschiedene Maßnahmen wie etwa ein Bildungsmodul des Initiativkreises «Respekt Wildtiere», auf die vereinfachte Ausweisung von Wildruhegebieten und die Aufklärung durch die Landesforstverwaltung. Doch das Ressort von Peter Hauk (CDU) räumt auch ein, dass die ergriffenen Maßnahmen im Hinblick auf den sehr hohen Besucherandrang in Coronazeiten und die aktuell vorhandene Personalausstattung aus Sicht der Landesregierung insgesamt nicht ausreichend sei, um eine «wirksame Besucherlenkung» zu gewährleisten.
Während der Coronakrise waren nach einer Umfrage der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt die Menschen häufiger und länger als zuvor im Wald. Bei einer Umfrage im Freiburger Stadtwald stieg die Zahl der Besuche im ersten Lockdown pro Kopf von 2,7 auf 4,2 in der Woche. Außerdem hielten sich gut 60 Prozent der Befragten länger dort auf als zuvor. Als Hauptmotive gaben sie an, etwas für die Gesundheit tun, den neuen Alltag besser meistern und Ruhe alleine genießen zu können. Rund 70 Prozent der Waldfläche im Südwesten ist sogenannter Erholungswald, der Rest entfällt auf Schutzgebiete und forstwirtschaftliche Nutzung.
Als Folge des Andrangs von Erholungsbedürftigen verkleinert sich der Lebens-, Brut- und Aufzuchtsraum der Wildtiere. Sie vermeiden zu bestimmten Jahres- und Tageszeiten die von den Freizeitaktivitäten genutzten Bereiche, unterbrechen die Nahrungsaufnahme oder flüchten. «Generell können sich Wildtiere an Freizeitaktivitäten besser gewöhnen oder ihr Verhalten anpassen, wenn diese auf Wegen und immer zu bestimmten Tages- oder Jahreszeiten stattfinden», heißt es in der Antwort des Ministeriums.
Betroffen von ausgedehnteren Aufenthalten im Wald ist auch das Rotwild. Dieses kann laut Ministerium längere und härtere Winter überleben, indem es sich auf Winternahrung und tiefe Außentemperaturen einstellt und wenig bewegt. Wird diese «Winterruhe» gestört, flüchte das Wild. Den Energieverlust versuche das Tier, durch den Verbiss von Bäumen und das Schälen der Rinde auszugleichen. Auf die Dauer werde dadurch eine Population womöglich so geschwächt, dass ihre Fortpflanzung gefährdet sei.
Im Winter beachteten vor allem Schneeschuhwanderer und Tourengeher das Ruhebedürfnis der Tiere nicht, heißt es in der Ministeriumsantwort. Insbesondere Schwarzwald und Schwäbische Alb erlebten erheblich mehr Besucher bei zugleich schwindender Rücksicht auf Wildtiere und Natur.
Was folgt daraus für die Waldbesucher? Sie müssen sich nach Ansicht des BUND-Umeltexperten Fritz Mielert auf ausgezeichneten Wegen bewegen, Hunde anleinen und Müll mitnehmen. Mountain-Biker sollten nicht querfeldein rasen. Unterm Strich begrüßt Mielert aber die Hinwendung zu heimischer Natur. «Das ist gesamtökologisch gesehen sinnvoller als eine Fernreise zu machen.»
© dpa-infocom, dpa:210605-99-871000/2
Quelle: dpa - Deutsche Presse-Agentur GmbH

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