Spahn gefährdet Corona-Impfkampagne

2. Juni 2021 ©
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Hamburg (dpa/lno) - Die SPD-Regierungsfraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wegen der Aufhebung der Corona-Impfpriorisierung eine Gefährdung der gesamten Kampagne vorgeworfen.
Seit er den 7. Juni als Termin genannt habe, würden Allgemeinärzte überrannt und verbrächten einen großen Teil ihrer Zeit mit dem Erstellen von Wartelisten, sagte die SPD-Gesundheitsexpertin Claudia Loss am Mittwoch in der Bürgerschaft. Nun sollen sie auch noch die 12- bis 15-Jährigen impfen. Einige Hausärzte seien deshalb schon wieder aus der Impfkampagne ausgestiegen. «Was für ein Irrsinn. Der Bundesgesundheitsminister (...) chaotisiert mit seinen Ankündigungen und setzt damit den Erfolg der so wichtigen Impfkampagne aufs Spiel.»
Mit Blick auf das Ende der Impfpriorisierung bei einem fortgesetzt massiven Impfstoffmangel fordert Loss Bundesgesundheitsminister Spahn auf, den Menschen der dritten Prioritätsgruppe zu erklären, «weshalb ihre Vorerkrankungen den gleichen Stellenwert bekommen wie die Urlaubswünsche anderer». Hamburgs Gesundheitssenatorin Melanie Leonhard (SPD) bekräftigte unterdessen, dass die Reihenfolge bei den Corona-Impfungen zumindest im zentralen Impfzentrum auch nach Auslaufen der Impfpriorisierung am Montag beibehalten werde.
Derzeit können sich Menschen der Prioritätsgruppe 3, also Frauen und Männer über 60 Jahre sowie Menschen, die in der kritischen Infrastruktur oder in bestimmten Funktionen im Katastrophenschutz arbeiten, um einen Impftermin bemühen. Auch Menschen mit Vorerkrankungen sind weiter zur Impfung aufgerufen. Einen Termin werden sie zumindest im Impfzentrum vorerst aber nicht bekommen. Die vorerst letzten 30.000 Termine seien binnen weniger Stunden vergeben worden, sagte Leonhard. Nun gebe es vor allem Zweitimpfungen im Impfzentrum.
Angesichts der weiter sinkenden Sieben-Tage-Inzidenz bei den Corona-Neuinfektionen - am Mittwoch 23,7 Infektionen je 100.000 Einwohner und Woche - zeigten sich Vertreter der meisten Fraktionen zuversichtlich, warnten aber auch vor einer zu frühen Rückkehr zur Normalität. Unterschiede gab es jedoch bei der Bewertung der Leistung des Senats bei der Bekämpfung der Pandemie. Während die Regierungskoalition aus SPD und Grünen dessen Arbeit lobte, kam er bei der CDU, den Linken und der AfD nicht gut weg.
Der CDU-Gesundheitsexperte Stephan Gamm (CDU) warf dem Senat ein zögerliches und unsicheres Handeln in Kombination mit einer mangelhaften Informationspolitik vor, so dass etwa Gastronomen, Einzelhändler oder auch Barkassenunternehmen gar nicht so schnell auf die vom Senat beschlossenen Lockerungen reagieren könnten. Der Linken-Abgeordnete Deniz Celik wiederum kritisierte eine ungleiche Behandlung unterschiedlicher Gruppen. «Es kann nicht sein, dass religiöse Versammlungen von der Personenanzahl nicht begrenzt werden, Sportveranstaltungen in geschlossenen Hallen mit mehreren Tausend Teilnehmenden stattfinden, aber Demonstrationsaufzüge unter freiem Himmel auf 250 Personen begrenzt sind.»
Die AfD sprach der Lockdown-Politik des Senats jede Wirkung bei der Eindämmung der Pandemie ab. Es gebe auch keine Rechtfertigung für das Aufrechterhalten von Einschränkungen, sagte der Abgeordnete Krzysztof Walczak. Und statt sich ständig bei den Menschen für ihr Verhalten während der Pandemie zu bedanken, sollte der Senat sich für die von ihm angerichteten Schäden entschuldigen. «Entschuldigen Sie sich bei den Menschen, die arbeitslos geworden sind, entschuldigen Sie sich bei den Menschen, deren Kinder psychisch leiden, entschuldigen Sie sich bei den Menschen, deren Angehörige sich das Leben genommen haben», sagte Walczak.
© dpa-infocom, dpa:210602-99-836982/2
Quelle: dpa - Deutsche Presse-Agentur GmbH

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