Angriffe auf jüdische Einrichtungen

16. Mai 2021 ©
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Berlin (dpa) - Nach den Ausschreitungen bei Protesten gegen Israel in Deutschland hat Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) ein hartes Durchgreifen gegen jede Form von Antisemitismus angekündigt.
«Wir werden nicht tolerieren, dass auf deutschem Boden israelische Flaggen brennen und jüdische Einrichtungen angegriffen werden», sagte Seehofer der «Bild am Sonntag». «Wer antisemitischen Hass verbreitet, wird die volle Härte des Rechtsstaates zu spüren bekommen.» Den Polizeien der Länder bot er personelle und materielle Unterstützung an.
Angesichts der Eskalation des Konflikts zwischen Israel und der palästinensischen Hamas waren am Samstag Tausende Menschen in deutschen Städten auf die Straße gegangen, um ihre Solidarität mit den Palästinensern zu bekunden. Bei mehreren Kundgebungen kam es zu Ausschreitungen. In Berlin schlugen Demonstranten auf Polizeibeamte ein und bewarfen sie mit Steinen und Flaschen. Auch Feuerwerkskörper wurden geschleudert. Die Polizei setzte Pfefferspray ein.
Auch in Mannheim wurden Polizisten nach Auflösung einer propalästinensischen Kundgebung mit Steinen beworfen. Vier Beamte seien leicht verletzt, sagte ein Polizeisprecher am Samstagabend. Zudem habe ein Mann versucht, eine israelische Flagge anzuzünden. Das hätten die Polizisten unterbunden und den Mann festgenommen. Schon in den Tagen zuvor hatte es in mehreren Städten antisemitische und anti-israelische Demonstrationen gegeben, bei denen auch Israel-Flaggen angezündet wurden.
Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) befürchtet eine Verschärfung der Konflikte, sollte die Gewalt im Nahen Osten anhalten. «Schon jetzt sehen wir eine hohe Emotionalisierung und Mobilisierung vor allem bei arabischstämmigen Jugendlichen, aber auch bei türkischen Rechtsextremisten», sagte er der «Welt am Sonntag». «Dabei geht es allerdings nicht um Kritik an Israel. Die verbindende Klammer ist blanker Antisemitismus, den wir mit allen Mitteln des Rechtsstaats konsequent verfolgen.»
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte dem Blatt: «Ich warne alle Randalierer, Chaoten und Straftäter: Die Bayerische Polizei wird ihre Präsenz in den nächsten Tagen bei Versammlungen mit Israelbezug deutlich erhöhen. Straftaten während der Versammlung werden nicht geduldet und konsequent verfolgt.» Das gelte für antisemitische Beleidigungen ebenso wie für Verunglimpfungen staatlicher Symbole.
Der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU) sagte der «Welt am Sonntag». «Läuft eine Demonstration Gesetzen zuwider, wird sie verboten oder aufgelöst, Straftaten werden hart und konsequent verfolgt.»Sein niedersächsischer Kollege Boris Pistorius (SPD) forderte, Antisemitismus umfassender zu bekämpfen: «Wir müssen noch mehr in Prävention und Aufklärung investieren, und zwar bei allen Bürgerinnen und Bürgern, egal ob jung oder alt oder welcher Herkunft.»
SPD-Chefin Saskia Esken verlangte, der Staat müsse dafür sorgen, dass Jüdinnen und Juden in Deutschland sicher seien. «Gerade mit Blick auf unsere deutsche Geschichte sind antijüdische und antisemitische Parolen absolut inakzeptabel», sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. «Wir lassen uns weder von Rechten noch von religiösen Fanatikern die Errungenschaften unserer offenen, bunten und freien Gesellschaft infrage stellen.»
Der Vorsitzende der Christdemokraten im Europaparlament, Manfred Weber, regte an, Hetze gegen Religionen in der gesamten EU unter Strafe zu stellen. Die Glaubensfreiheit sei ein Kern des europäischen Gesellschaftsmodells, sagte der stellvertretende CSU-Vorsitzende den Zeitungen der Funke Mediengruppe. «Es wäre eine Überlegung wert, dass die EU-Staaten gemeinsam prüfen, ob Hetze gegen Religionen in geeigneter Form ein Straftatbestand in allen Ländern werden sollte.»
Der israelische Botschafter Jeremy Issacharoff plädierte für ein gemeinsames Eintreten von Muslimen und Juden gegen die zunehmende Polarisierung in Deutschland. «Die jüdische und die muslimische Gemeinschaft können viel gemeinsam haben, und an einigen Orten in Deutschland bestehen enge Kontakte zwischen diesen Gemeinschaften», sagte Issacharoff der «Welt am Sonntag». Diese Verbundenheit könne viel bewirken. «Das kann auch eine Basis sein, dem aktuell wachsenden Hass gemeinsam entgegenzutreten.»
© dpa-infocom, dpa:210516-99-615467/3
Quelle: dpa - Deutsche Presse-Agentur GmbH

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