Home Office in der Justiz

29. Dezember 2020 ©
29. Dezember 2020 ©
Auch etwa ein dreiviertel Jahr nach Beginn der Corona-Pandemie kann der überwiegende Teil der Thüringer Richter und Staatsanwälte noch nicht vollständig von zu Hause aus arbeiten. Der zentrale Grund dafür ist nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur, dass sie von zu Hause aus nicht über sichere Verbindungen auf das Landesdatennetz zugreifen können.
Erfurt (dpa/th) - Auch etwa ein dreiviertel Jahr nach Beginn der Corona-Pandemie kann der überwiegende Teil der Thüringer Richter und Staatsanwälte noch nicht vollständig von zu Hause aus arbeiten. Der zentrale Grund dafür ist nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur, dass sie von zu Hause aus nicht über sichere Verbindungen auf das Landesdatennetz zugreifen können.
Zwar seien Richter und Staatsanwälte mit Notebooks ausgestattet, die sie auch mit nach Hause nehmen können, sagte ein Sprecher des Thüringer Justizministeriums. Jedoch könnten - «grob geschätzt» - nur etwa zehn Prozent von ihnen mit diesen Notebooks auch über sogenannte VPN-Tunnel auf das Gerichtsnetzwerk zugreifen. Ohne diesen Zugriff können die Juristen aber nicht genau so arbeiten wie in ihren Büros. Das Ministerium beteuert dennoch, alle Institutionen des Rechtsstaats würden auch in Corona-Krise ihre Funktionen vollständig erfüllen.
Immerhin sei die Zahl der Richter und Staatsanwälte in den vergangenen Monaten gestiegen, die von zu Hause aus über einen VPN-Tunnel Zugang zum Gerichtsnetzwerk haben. «Die Ausstattung aller Richter und Staatsanwälte mit Laptops war bereits vor Beginn der Pandemie abgeschlossen, es verfügten allerdings nur circa fünf Prozent über VPN-Zugänge», sagte der Sprecher des Ministeriums.
Als Grund dafür, dass nur wenige einen VPN-Zugang haben, gab der Sprecher die laufende Einführung der elektronischen Akte - der sogenannten eAkte - in der Justiz an. Dieses Vorhaben habe Priorität. «Spätestens mit der Einführung der eAkte erhalten die Richter und Staatsanwälte einen VPN-Zugang und können dann auf die elektronischen Akten und auch auf das Fachverfahren aus dem Home Office zugreifen», so der Sprecher. Es werde dann möglich sein, nahezu alle Bürotätigkeiten von zuhause aus zu erledigen.
Während das Justizministerium es nicht für ein allzu großes Problem hält, dass der überwiegende Teil der Richter und Staatsanwälte keine VPN-Zugänge hat, gibt es aus den Kreisen der Staatsanwälte heftige Kritik an dieser Situation. «Das ist wirklich nicht zufriedenstellend», erklärte Holger Pröbstel, Vorsitzender des Thüringer Richterbundes. Die Organisation vertritt die Interessen von Richtern und Staatsanwälten im Land. «Da ist die Justiz hinten dran», so Pröbstel.
Der Jurist berichtet zudem von Problemen bei den wenigen bestehenden VPN-Zugängen am Landgericht Erfurt, wo er selbst tätig ist. «Die haben einfach drei Tage lang nicht funktioniert», schilderte Pröbstel. Dazu kämen verschiedene Datenschutz-Probleme mit den Dienstlaptops der Juristen.
So berichtete beispielsweise ein Staatsanwalt, der nach eigenen Angaben über keinen VPN-Zugang für seinen Dienst-Laptop verfügt, wegen der aus seiner Sicht mangelhaften technischen Ausstattung könne er von zu Hause aus seine Dienst-E-Mails nicht lesen. Auch sei es ihm nicht möglich zu prüfen, ob Beschuldigte bereits Vorstrafen hätten oder es zu einem Verfahren Gegenanzeigen gebe. Die Bearbeitung etwa von Zeugenladungen sei ebenfalls nicht möglich, weil dazu der Zugriff auf eine Software nötig sei.
In den Sommermonaten sei viel wertvolle Zeit verloren worden, in der die VPN-Zugänge hätten eingerichtet werden können, heißt es bei den Juristen. Dies sei unverantwortlich. Denn trotz Corona ließen sich in einem Rechtsstaat viele persönliche Kontakte nicht vermeiden. Sie seien auch derzeit regelmäßig stundenlang mit anderen Menschen in oft schlecht zu lüftenden Gerichtssälen.
Beim Beginn des «Jungsturm»-Prozesses gegen mutmaßliche Hooligans am Landgericht Gera im November war das besonders deutlich geworden. Damals hatten sich in einem großen Gerichtssaal neben den vier Angeklagten mit je zwei Rechtsanwälten, zwei Staatsanwälte, drei Richtern und mehreren Schöffen auch noch etwa ein Dutzend Polizisten und Justizwachtmeister im Raum aufgehalten - plus zahlreiche Zuschauer.
Quelle: dpa - Deutsche Presse-Agentur GmbH

Das könnte Sie auch interessieren ...

zdf.de

Cannabis-Legalisierung: Amnestie und neue THC-Grenzwerte

Bund, Grenzwerte, Verfahren, Legalisierung, Cannabis, Richter, Staatsanwälte, Duisburg, Amnestie, Fälle Was in Duisburg gilt, gilt auch anderswo: auf 60.000 Fälle schätzt der Bund der Richter und Staatsanwälte die Zahl der Verfahren, die neu begutachtet und neu beurteilt werden müssen - allein ... mehr ... 5. April 2024

heise.de

Google One künftig ohne VPN-Dienst, nur auf Pixel-Smartphones weiter verfügbar

Google, One, Dienst, Teil, Smartphones, Pixel, Abos, Konzern, Interesse Teil des kostenpflichtigen Google-Abos Google One ist auch ein VPN-Dienst. Den stellt der US-Konzern nun ein, das Interesse sei einfach nicht dagewesen. mehr ... 12. April 2024

heise.de

Google One künftig ohne VPN-Dienst, nur auf Pixel-Smartphones weiter verfügbar

Google, One, Dienst, Teil, Smartphones, Pixel, Abos, Konzern, Interesse Teil des kostenpflichtigen Google-Abos Google One ist auch ein VPN-Dienst. Den stellt der US-Konzern nun ein, das Interesse sei einfach nicht dagewesen. mehr ... 12. April 2024

heise.de

Google One künftig ohne VPN-Dienst, nur auf Pixel-Smartphones weiter verfügbar

Google, One, Dienst, Teil, Smartphones, Pixel, Abos, Konzern, Interesse Teil des kostenpflichtigen Google-Abos Google One ist auch ein VPN-Dienst. Den stellt der US-Konzern nun ein, das Interesse sei einfach nicht dagewesen. mehr ... 12. April 2024

tagesschau.de

Italienische Regierung will Psychotests für Richter

Richter, Regierung, Streit, Italiens, Teil, Italien, Justiz, Psychotest, Streik, Staatsanwälte Italiens Regierung liegt im Streit mit einem Teil der Justiz. Das Kabinett Meloni hat beschlossen, für alle Staatsanwälte und Richter in Italien einen Psychotest einzuführen. Eine Richtervereinigung droht dagegen mit Streik. Von J. Seisselberg. mehr ... 31. März 2024

rtl.de

Raps blüht bereits auf vielen Feldern in Sachsen-Anhalt

Raps, Sachsen, Anhalt, Jahr, Felder, Feldern, Erik, Sprecher, Regionen, Hecht In vielen Regionen in Sachsen-Anhalt leuchten die Felder schon gelb: Der Raps blüht in diesem Jahr früher als sonst. Ganz außergewöhnlich sei das aber nicht, sagte Erik Hecht, Sprecher des ... mehr ... 9. April 2024

esslinger-zeitung.de

Arbeiterin stürzt und verletzt sich

Arbeiterin, Montag, Arbeitsunfall, Verletzungen, Uhr, Sprecher, Altbach, Ausmaß Bei einem schweren Arbeitsunfall hat sich am Montag gegen 14.30 Uhr eine 22-jährige Arbeiterin in Altbach schwer verletzt. Das genau Ausmaß der Verletzungen sei noch nicht bekannt, teilte ein Sprecher ... mehr ... 15. April 2024

expand_less