Linken-Politikerin Wissler bedroht

9. Juli 2020 ©
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Abermals ist ein Drohschreiben mit der Unterschrift «NSU 2.0» bei der hessischen Spitzen-Politikerin der Linken, Janine Wissler, eingegangen. Nach Medien-Berichten über zwei entsprechende Mails am Wochenende erhielt sie eine weitere, wie ihre Fraktion erklärte.
Frankfurt/Main/Wiesbaden (dpa/lhe) - Abermals ist ein Drohschreiben mit der Unterschrift «NSU 2.0» bei der hessischen Spitzen-Politikerin der Linken, Janine Wissler, eingegangen. Nach Medien-Berichten über zwei entsprechende Mails am Wochenende erhielt sie eine weitere, wie ihre Fraktion erklärte. Die Fraktionsvorsitzende in Hessen und stellvertretende Bundesparteivorsitzende hatte nach Erhalt der ersten Mails von einer Todesdrohung gesprochen. Auch von zahlreichen rechtsextremen Bezügen war die Rede. Die «Frankfurter Rundschau» (Donnerstag) berichtete in einer Vorabmeldung am Mittwochabend über die weitere Mail.
Vor dem Verfassen dieser E-Mail seien vermutlich Recherchen in einem Dienstcomputer der Polizei angestellt worden, schreibt die Zeitung unter Berufung auf eigene Recherchen: Im Februar seien von einem Polizeicomputer in Wiesbaden private Daten Wisslers abgefragt worden. Kurz darauf habe sie die zwei ersten «NSU 2.0»-Schreiben erhalten, die persönliche Daten enthielten, die nicht öffentlich zugänglich sind.
Der innenpolitische Sprecher der Linken-Fraktion im Wiesbadener Landtag, Hermann Schaus, sagte dazu laut Mitteilung, es stehe ein «schlimmer Verdacht» im Raum: «Offenbar ist das rechte Netzwerk in der hessischen Polizei größer, als bisher von offizieller Seite eingeräumt.» Die Linke wolle den Kampf gegen rechte Bedrohungen und rechten Terror verstärken. «Wir werden uns von den in einem menschenverachtenden Duktus geschriebenen, anonymen Schreiben nicht beeindrucken lassen», sagte Schaus.
Das hessische Innenministerium und die Frankfurter Staatsanwaltschaft hätten sich aus ermittlungstaktischen Gründen nicht dazu äußern wollen, schreibt die «Frankfurter Rundschau». Ein Sprecher des Innenministeriums habe erklärt, es werde mit Hochdruck ermittelt. Am Montag - als zwei der Mails bekannt waren - hatte auch die Frankfurter Staatsanwaltschaft mitgeteilt, die Ermittlungen liefen auf Hochtouren. Sie seien nun Teil des Gesamtverfahrens im Zusammenhang mit dem «NSU 2.0»-Komplex. Zu dem Bericht über ein weiteres Drohschreiben und Folgen für die Ermittlungen wollte sich eine Sprecherin der Frankfurter Staatsanwaltschaft am Donnerstagmorgen nicht äußern. Das laufende Verfahren werde nicht weiter kommentiert.
Mit «NSU 2.0» waren auch mehrere Drohschreiben an die Frankfurter Anwältin Seda Basay-Yildiz unterzeichnet, die diese erstmals im August 2018 erhielt. Die Juristin hatte im Münchner Prozess um die die rechtsextremen Morde des «Nationalsozialistischen Untergrunds» (NSU) Opferfamilien als Nebenklägerin vertreten.
Im Rahmen der Ermittlungen stellte sich heraus, dass die persönlichen Daten der Anwältin von einem Rechner im 1. Polizeirevier in Frankfurt abgerufen worden waren. Wer die Schreiben versandte, ist allerdings bis heute unklar. Der Anwältin und ihren Angehörigen wurde darin der Tod angedroht. Auch Wissler hatte von einer «klaren Bedrohung» gegen ihr Leben gesprochen.
Linken-Politiker Schaus sagte: Es sei verwunderlich, dass die Ermittlungen im Fall der Anwältin noch zu keinem Ergebnisse geführt hätten. Er kritisierte auch die Informationspolitik von Innenminister Peter Beuth (CDU) in diesem Zusammenhang: «Nach derzeitigem Stand hat Minister Beuth entweder keine Kenntnisse von brisanten Vorgängen in den Behörden, für die er zuständig ist. Oder er hat diese Kenntnisse und er hat versucht, diese Vorgänge unter dem Teppich zu halten.»
Scharfe Kritik äußerte auch der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke). Seiner Ansicht nach reiche der Rechtsextremismus in Deutschland bis in staatliche Sicherheitssysteme. «Wir erleben auf einmal, dass eine Form von Duldung und Unterstützung und möglicherweise auch Mittäterschaft bis in das Sicherheitssystem hineingeht», sagte Ramelow am Donnerstag dem Südwestrundfunk (SWR).
Die hessische Landespolitik hatte am Wochenende mit Entsetzen auf die zwei ersten Drohmails an Wissler reagiert. Die mit «NSU 2.0» unterzeichneten Drohungen seien abscheulich und widerwärtig, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung von CDU, SPD, Grünen und FDP.
Thüringens Ministerpräsident Ramelow kritisierte auch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) für dessen ablehnende Haltung gegenüber einer möglichen Studie zu Rassismus in der Polizei. «Wenn man über so etwas nicht einmal reden will, dann haben wir ein Problem auch der Wahrnehmung schon auf dieser Ebene», sagte Ramelow dem SWR.
Quelle: dpa - Deutsche Presse-Agentur GmbH

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